BERLIN GOGOS

BERLIN GOGOS

DVD, performances,etc

2006

Über das Stück

“Von nun an stehen Stile, Personen, Gesichter und Körper zum Angebot, der Tanz selbst. Interessenten können je nach Neigung nach Kriterien entscheiden die abgelöst von künstlerischen Kontexten sind. Tanz wird somit befreit aus der künstlerischen Praxis, jeder kann nach seinem Geschmack entscheiden ob er nun HipHop, Release, New Style, Kontakt, Experimental oder Improvisation bevorzugt, das Angebot ist so vielfältig wie auch die möglichen Kombinationen. Tanz als Arbeit, Tanz als Ware durch Arbeit.”

Das Projekt „Berlin Gogos“ war eine Reaktion auf die ökonomische Situation von Tänzer*innen im Bereich des freien, künstlerischen Tanzes.
Tanz findet dort in der Regel in Form einer Bühnenproduktion statt.
Jede weitere Verwertung hängt von der erfolgreichen Vermarktung dieses Ereignisses ab und involviert ein System von Kuratoren, Produzenten und Festivalagenten welche maßgeblich über den Wert des Tanzes entscheiden.
Was dort verhandelt wird ist aber nicht notwendigerweise der Tanz selbst sondern Kontexte, Narrative und Ästhetiken. Diese verdecken aber den Umstand, dass es sich um einen Markt  wie jeden anderen auch handelt. Dabei sind die Tänzer*innen aber diejenigen welchen diesen Markt stützen aber am wenigsten von ihm profitieren. Berlin Gogo wurde deshalb als eine Plattform gegründet auf der sich die Tänzer*innen selbst vermarkten konnten. Direkt und ohne Umwege bot die Agentur Tanz in seiner einfachsten Form an: dem animativen Tanzen und versuchte so die Ökonomie des Tanz-Marktes offenzulegen.
Diese Akt war für viele Tänzer*innen ein Befreiungsschlag, konnten sie doch so selbst ihren Wert bestimmen und ihren eigenen Tanz direkt zu den Kunden bringen.
Dabei waren die Tänzer*innen frei zu entscheiden mit welchem Tanz oder welcher Tanzästhetik sie sich an die Kunden wenden.
Die Nachfrage war riesig. Es kamen Theater, Festivale oder Firmen und suchten aus dem Angebot der Agentur den für sie passenden, zeitgenössischen Tanz aus. So gab es große Gruppenchoreographien wie z.B. für die deutsche Band „Die Ärzte“, Flashmobs für Tanzfestivale, Fundraiser oder private Tanzsessions als Geburtstagsgeschenk. Oft fanden sich Tänzer*innen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Ausbildungen zusammen und so wurden die Gogo Sessions auch zu einem Plädoyer für die Diversität des Tanzes.

videos

credits

Konzept, Choreografie: Christoph Winkler | Von und mit: Anna-Luise Recke, Christine Joy Alpuertoritter, Dennis Dietrich, Florian Bilbao, Martin Hansen, Mercedes del Rosarioappugliese, Robert Segner, Eugene U-gin Boateng, Zufit Simon, Clint Lutes

Termine

Pressauszüge

Während der langen "Tanznacht" in der Akademie der Künste machte man sich viele gute Gedanken über die Produktionsbedingungen von Tanz. Die Welt draußen vergaß man darüber ein wenig. Wie verdienen Tänzer Geld? Die neu gegründete Agentur "Berlin GoGos", die sich auf der Tanznacht in der Akademieder Künste mit ihrer DVD "Pure GoGo Dance" vorstellte, suchte nach einer Antwort auf diese Frage: mit Coolness, Sexyness, mit Zauber, Extravaganz und Animation - perfekte Körper in gewagten Outfits. Neun mit explosiver Energie geladene Solos, die versiert durch alle Dialekte des zeitgenössischen Tanzes gleiten, zeigt die DVD vor Kulissen wie verlassenen Festsälen und vermüllten Industriehallen. Die neue Agentur, ein Projekt des Choreografen Christoph Winkler und des Kulturbüros "Ehrliche Arbeit", tritt nun gleich auf zwei Feldern in den Markt: Sie bietet die DVD zum Kauf an, als Hintergrundvisual für Clubs und private Feiern, und sie vermietet die auf der DVD vorgestellten Tänzer, solo und en bloc, inclusive DJ-Set. Wow. In der wirklich langen Nacht des zeitgenössischen Tanzes, zu der die Tanzfabrik Berlin am Samstag zum vierten Mal eingeladen hatte, war Winklers Projekt nicht das einzige, das sich mit der möglichen Warenförmigkeit von Tanz beschäftigte. Dabei ist die Agentur nicht einfach ein zynisches oder ironisches Projekt, sondern ein tatsächlicher Versuch einer neuen Betriebs- und Vertriebsform. Mit der Virtuosität und der Unterhaltsamkeit ihrer Tänzer erlaubt sie sich dabei etwas, was von beinahe allen anderen Aufführungen - immerhin 15 Bühnenshows sowie zahlreiche installative Formate zwischen Tanz und bildender Kunst - als zu einfacher Weg vermieden wurde. Und das macht so eine lange Nacht ganz schön anstrengend. KATRIN BETTINA MÜLLER-TAZ

Die Tanzstadt Berlin ist besser als ihr Ruf. Wären da nicht die harten Beats, der junge Mann im dunklen Anzug könnte als Zeuge Jehovas durchgehen. Er verteilt Aufkleber. "Berlin GoGos - die Agentur" steht darauf. Von wegen Jehova. Hinter ihm wirbeln schöne Körper vor Berliner Lokalkolorit, vor Skylines oder in halb verfallenen Ballsälen über die Leinwand. Das jüngste Projekt des so adrett gewandeten Choreografen Christoph Winkler besteht in einer DVD. Darauf finden sich neun Gogo-Sets mit zeitgenössischen Tänzern, "eine explosive Mischung aus Ästhetik und Bewegung, Erotik und Style, dekadent und extravagant" live aus der Konserve. Ist er das, der Tanz für die "Arm-aber-sexy"-Hauptstadt? CONSTANZE KLEMENTEZ-Welt