On Hela

On Hela

The Color of Cells

2019, Solo

Über das Stück

Das Tanzstück geht von der Geschichte der HeLa-Zellen aus, der ersten jemals im Labor kultivierten menschlichen Zelllinie. Die Zellen stammen von Henrietta Lacks, einer afroamerikanischen Frau, die 1951 an den Folgen von Gebärmutterhalskrebs verstarb. Im Rahmen der Tumorbehandlung wurden ihr Zellen entnommen und ohne ihr Wissen an ein Labor weitergegeben. Dort stellte sich heraus, dass die Zellen »unsterblich« sind, sich endlos weiter teilen. Forscher*innen gelang es, daraus die erste menschliche Zelllinie zu züchten und anschließend zahlreiche medizinische Entdeckungen zu machen, u.a. die Polioimpfung sowie in der Krebs- und AIDS-Forschung.

Der Choreograf Christoph Winkler, selbst seit einem Jahr an Krebs erkrankt, nimmt die Geschichte der HeLa Zellen zum Anlass, um in einem dokumentarischen Tanzstück diese Geschichte mit seinen eigenen Erfahrungen der Krankheit in Beziehung zu setzen. Gemeinsam mit der Tänzerin Lois Alexander kreiert er ein Solo, das sich mit Fragen von Ethik, Privilegien und Rassismus auseinandersetzt.

Mit Musik von Sun Ra, Matana Roberts, Alice Coltrane, Max Roach u.a.

videos

credits

Konzept: Christoph Winkler | Tanz: Lois Alexander | Technische Leitung: Fabian Eichner |  Video Installation: Josephine Freiberg | Kamera Walter Bickmann Tanzforum Berlin | Produktionsleitung: Laura Biagioni | Produktionsassistenz: Gabriella Fiore |

Eine Produktion der Company Christoph Winkler in Kooperation mit dem Ballhaus Ost. Gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

Termine

Pressauszüge

Das persönliche Leid mit Krebs macht es oft schwierig oder unmöglich, die Werke darüber in ihrer eigenen Logik zu betrachten. Die Form fällt der Schwere des Inhalts zum Opfer. "On HeLa" behandelt den empfindlichen Stoff nicht mit Schwere. Wie Lois Alexander tanzt, erinnert an eine Aussage von Autorin Anne Boyer in ihrem vor kurzem erschienenen Memoire "The Undying"(...). Bei "On HeLa" stehen die Bilder von Zellen auf der Leinwand, farbig und stets in Bewegung, in Kontrast zu dem schwarz-weißen Raum. Diese Zellen erinnern an Leben und nicht an Tod. So ist auch der Tanz von Alexander. Unter Spannung, energiegeladen, extrovertiert, rhythmisch. Nicht nach innen guckend oder in einen Abgrund. Mit den großen Gesten ihrer Arme nimmt sie viel Raum ein in der Welt, sie nimmt mit ihr Kontakt auf. Wie sie ihre Hand auf- und zumacht, ist wie das Pochen eines Herzens oder das Vibrieren einer Zelle. Wir hören, dass auch Henriette Lacks gerne getanzt hat, zu Musik von einer Jukebox". TANZSCHREIBER, Seda Nigbolu - 2019

Christoph Winkler, Jahrgang 1967, ist weit über seinen Wirkungsort Berlin hinaus einer der Großen in der freien Tanzszene. In zwei Jahrzehnten hat er fast 80 Tanzstücke geschaffen. Deren Vielseitigkeit und markante Handschrift haben ihm die höchsten Auszeichnungen, den Faust und den Tabori, eingebracht. Gesellschaftspolitische Themen wie derzeit Diversität, Rassismus, Gendergerechtigkeit, interkulturelle Bereicherung und andere verbindet er mit Selbsterfahrung und Innerlichkeit. Er ist dabei der Gegenwart meist voraus.
[…]In einer rigorosen Struktur ist der Tanz zwischen die Sprechabschnitte eingeschoben als eine Art persönlicher Kommentar. Das Sprechen ist wie ein gleichmäßiger Strom; nicht ohne Wärme, aber distanziert. Eigentlich rauscht es vorbei; der kurze Tanz dazwischen in seiner tief berührenden Erregtheit brennt sich in die Erinnerung ein. Die Diagnose: aufbäumen in erstarrter Bewegung gen Himmel. Warum gerade ich? Dann in sich gekrümmte Verzweiflung am Boden. Das gespenstische unendliche Wachsen im eigenen Körper ist zugleich dessen Tod. Schritte und Gesten greifen zunehmend in den Raum aus, werden heftig, wild. Reflexionen lösen sie ab, machen sie stiller und versöhnlicher, schicken sich in das Unabänderliche mit einem Strahl Hoffnung. Lois Alexander fasziniert und berührt mit diesen ungewöhnlichen Wechseln zwischen distanzierter Stimme und entfesseltem Körper. RHEINPFALZ, Heike Marx